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von 20022
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"Darf ich bitten Herr Tamandua?" oder Wie der einbeinige Foxtrott erfunden wurde

Im Laufe meiner Ausbildung kam ich nun auch ins Südamerika-Haus. Ein wie ich gerne zugebe unglaublich interessantes Revier, mit wunderbaren Tierarten.
Hierzu zählen u.a. der grüne Leguan, das Zweifingerfaultier, Blumefledermäuse, eine grüne Anakonda, Weißgesichtssakis, Keilkopfglattstirnkaimane (ja die heißen wirklich so) und die Tamanduas (auch bekannt als kleiner Ameisenbär).
Nun haben wir auf der Außenanlage, also im Zuschauerbereich, einen Tamandua-Mann names Julio sitzen. Ein wirklich umgängliches Kerlchen.
Zu Julio kann man ohne Probleme ins Gehege und da Tamanduas (wie alle Ameisenbären) nachtaktiv sind, kann man eigentlich ungestört arbeiten. Selbst wenn Julio einmal wach war, blieb er relaxt und lies unsereins machen, ja man kann ihn sogar aus der Hand füttern. Einfach ein wenig Joghurt auf die Hand tun und ihn abschlecken lassen, es kitzelt ziemlich, wenn er mit seiner langen dünnen Zunge deine Finger abtastet ^^.Tamandua
So begab es sich, dass eine Praktikantin und ich angewiesen wurden, das Gehege neu einzumulchen. Das hieß, ich rein, alten Mulch in Eimern rausgereicht und sie mir neuen reingereicht. Da wir doch recht lange dort gearbeitet haben (wir waren selbst überrascht, wie viel Mulch wir da raus geholt haben) wurde natürlich auch der gute Julio wach. Es war später Nachmittag, also kurz vor der Abendfütterung.
Neugierig umkreiste dre kleine Kerl nun mich und die Leiter (die ich vorsorglich lieber ganz ins Gehege gestellt hatte). Die Leiter beschäftigte ihn eine ganze Weile, da er es unglaublich interessant fand, auf der einen Seite hoch und auf der anderen wieder herunter zu klettern.
Doch dieses Spiel wurde ihm mit der Zeit wohl zu langweillig. Also hieß es nun "Begutachten wir doch mal den doofen Tierpfleger, der da die ganze Zeit rumwuselt".
Nun hatte ich am Morgen festegstellt, dass sich bei einem meiner Schuhe hinten eine Naht gelöst hatte, ergo konnte man zwischen dem Leder hindurch greifen.
Das fand auch Julio heraus. Ich stand da nun und wartete darauf, dass mir der nächste Eimer mit Rindenmulch angeben wurde, als ich etwas kaltes feuchtes am Fuß spürte. Als ich nach unten sah, entdeckte ich Julio, der frisch-fröhlich in eben dieser Naht herumfingerte. Und ich weiß nicht warum, aber vielleicht hat mein Fuß so toll gerochen (über Geschmack lässt sich ja bekanntlich streiten), jedenfall schlängelte sich plötzliche seine Zunge um meine Hacke!
Jetzt versucht mal einen Tamandua los zu werden, der sich fest in deinem Schuh verhakt hat, dessen Zunge deine Fuß kitzelt und du auch noch zwei Eimer ind er Hand hast (dummerweise hatte mir die Praktikantin in dem Moment gleich zwei volle Eimer in die Hand gedrückt). Natürlich will man dem Kerlchen auch nicht weh tun, also hoppelt ich nun auf einem Bein durch Gehege und versuchte Julio abzuschütteln. Das ganze muss mehr als komisch ausgesehen haben, da wir beide plötzlich als wahrer Publikumsmagnet fungierten.
Ich hatte in diesem Moment natürlich nur Augen für Julio und bemerkte garnicht, dass ich dem kleinen Teich auf der Anlage immer näher kam. Erst als ich mit dem anderen Bein bereits Knöcheltief im Wasser stand, wurde mir klar, wo ich mich befand.
Irgendwann ließ Julio mich nun doch wieder los.
Ich hatte einen klitschnassen und einen nun komplett zerfeldderten Schuh, eine nasse Hose, jede Menge Zeit verloren und ganz nebenbei den einbeinigen Foxtrott erfunden......