Testbericht zum Albatron Optical Touch Monitor
Bei Monitoren lassen sich im Moment zwei grosse Strömungen beobachten: 3D und Touch. Auf Ersteres muss ich nicht weiter eingehen; solange man auf diese doofen Brillen angewiesen ist, werde ich mich vor 3D-Schirmen hüten. Allerdings gibt es bereits brillenlose Modelle, in ein paar Jahren dürfte sich das also ergeben. Diesmal jedoch wollte ich das Andere ausprobieren: Einen Touchscreen.
Ein Wort zur Technik
Meistens handelt es sich um resistive Touchscreens, die mit Druck funktionieren. Diese bestehen aus zwei durchsichtigen Folien über dem eigentlichen Display, die elektrisch leiten, wenn man sie z.B. mit dem Finger aufeinanderpresst. Ich bin sicher, ihr hattet schonmal das Vergnügen. Daneben gibt es noch kapazitive Touchscreens; diese sind nur mit einer Folie bestückt und reagieren auf Berührung, wobei der Strom zwischen der Folie und dem Berüher fliesst. Schaltflächen mit diesem Prinzip sieht man oft auch bei Lifts und man kann sie nur mit dem Finger berühren, nicht etwa mit Fingernägeln oder Handschuhen. Es gibt auch noch induktive Touchscreens, diese heissen aber "Zeichentablett" und funktionieren nur mit speziellen Eingabegeräten - ein Vorteil dabei ist allerdings, dass sie unterschiedliche Signale wie z.B. Links- und Rechtsklick übermitteln können.
Neu im Spiel sind nun optische Touchscreens, die weder auf Berührung noch auf Druck angewiesen sind; stattdessen funktionieren sie mit optischer Abtastung. Man stelle sich dabei am besten ein feines Lasergitter über dem Display vor, welches man mit dem Finger unterbricht. Das heisst, man muss die Scheibe (zumindest theoretisch) nicht berühren, bzw. es spielt keine Rolle, womit man das Raster unterbricht. Grösster Vorteil: Da keinerlei Folien zu, Einsatz kommen, spielt die Grösse des Displays fast keine Rolle, was diese Technologie extrem preiswert macht. Es gibt sogar Kits, mit denen man einen beliebigen Monitor in einen Touchscreen umwandeln kann!
Warum überhaupt?
Wer nicht nur auf Papier sondern auch am PC zeichnet, der kennt das Problem: Am PC hat man nicht den richtigen Schwung und auf Papier fehlt die Möglichkeit, das Bild interaktiv zu bearbeiten, einen Gegestand rumzuschieben, grösser zu machen, oder um den Kern zu treffen: Strg+Z (Rückgängig). Mein Hauptziel ist also, am PC genau so zu malen, wie ich das vom Papier her kenne, allerdings mit allen Vorteilen der digitalen Entwicklung.
Meine erste Lösung für das Problem waren Scanner und Drucker. Damit kann man z.B. eine Figur zeichnen, sie einscannen, mehrfach ausdrucken und dann verschiedene Dinge ausprobieren, ohne viel zu radieren oder das Original zu verhunzen. Das funktioniert, ist aber aufwändig und bietet nur eine von vielen Möglichkeiten, die man sagen wir mal mit richtigem E-Papier hätte.
Die zweite Lösung war daher ein Zeichentablett, also einem richtigen Stift statt einer ordinären Maus. Die Dinger sind gut; sie erkennen den Druck und die Neigung des Stifts und mit dem anderen Ende kann man direkt radieren - im Grunde sehr fortgeschritten. Allerdings ist das eine Kunst für sich, denn das Bild erscheint beim Malen nicht unter dem Stift sondern ganz woanders, nämlich auf dem Monitor. Das klingt nach einer kleinen Hürde, ist aber tatsächlich so ungewohnt, dass ich das Tablett nur sehr selten verwende und doch lieber alles mit der Maus mache. Ich muss allerdings dazu sagen, dass ich sehr, sehr viel Übung mit der Maus habe und andere Leute mit dem Tablett tatsächlich besser zeichnen können - aber das muss jeder für sich selbst herausfinden.
Nun aber tat sich eine dritte Lösung auf und das ist ein Touchscreen. Den habe ich mir aus zwei Gründen geleistet; erstens hat mein jetztiger Monitor ein Problem mit dunklen Farben (besonders mein Lieblings-Dunkelgrau flimmert zum Teil wie blöd) und zweitens sind optische Touchscreens kaum teurer als gewöhnliche Monitore derselben Grösse (siehe Erklärung weiter oben). Was ich mir davon erhoffte ist simpel: Bildschirm auf den Tisch legen oder auf den Schoss nehmen und mit einem Stift direkt draufmalen. Ob das so funktioniert, sehen wir gleich.
Der Albatron OTM 21,5"
Das Modell meiner Wahl war der Albatron OTM (Optical Touch Monitor), weil er mit knapp 350 Euro der günstigste Touchscreen im Angebot war. Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen: Selbst ein 15" Touchscreen mit herkömmlicher Technik ist teurer als dieser 21" Bildschirm mit optischem Multi-Touch. Ja, Multi-Touch, er kann also auch mehrere Finger erkennen (das ermöglicht z.B. Zoomen durch Spreizen von Daumen und Zeigefinger). Das alles klingt natürlich wenig beeindruckend, wenn man sich einen gewöhnlichen Bildschirm vorstellt, auf den sie einfach zwei Kameras aufgeklebt haben, aber es geht hier ja um das fertige Produkt, das schlussendlich im Laden steht.
So oder so, auf den Bildschirm darunter will ich gar nicht gross eingehen; es ist ein handelsüblicher TFT mit 1920 x 1080 Pixeln (DVI und VGA Eingang). Meine Abneigung gegenüber Widescreens habe ich da mal zurückgehalten, aber ich musss doch erwähnen, dass das Display bei meinem 20-Zoller gemessen etwa 4 cm höher ist als bei diesem 21,5-Zoller. Grössere Zahl, weniger Bild. Ausserdem handelt es sich hier um ein glänzendes (glare) Display. Da kommen wir auch schon zur ersten Kritik, denn glänzende Displays sind ergonomischer Unsinn. Nachts kein Problem, aber tagsüber bzw. wenn Teile des Bildes dunkel sind, spiegelt das Ding einfach alles. Weiter ist mir zum Display nichts aufgefallen, daher konzentriere ich mich nun auf die Touch-Funktion.
Technischer Hinweis: Die Touch-Funktion wird über USB angeschlossen und funktioniert unter WindowsXP nur mit den beigelegten Treibern. Ausserdem unterstützt WindowsXP keine Multi-Touch Gesten.
Touch me
Die optische Technik funktioniert mit Fingern, Stiften, Pinseln, Schraubenziehern, Kaugummis und Katzenpfoten; also einfach mit allem, was irgendwie sichtbar ist. Um aber nicht die Scheibe einzufetten oder zu zerkratzen habe ich mich für einen dünnen Holzstift entschieden und werde daher ab jetzt immer vom "Stift" reden, wobei das alles auch für Finger und sonstiges gilt. Nun aber zum Wesentlichen:
Das Gerät erkennt eine Berührung, sobald irgendein Gegenstand näher als ca. 3 mm an die Scheibe herankommt. Vorteil: Man muss die Scheibe nicht berühren. Nachteil: Man tut es trotzdem. Im Ernst, man berührt das Ding, egal ob mit dem Finger oder mit einem Stift und es ist lästig, dass es schon vorher reagiert. Besonders Doppelklicks sind schwierig, da man nach dem ersten Klick ja ein Stück zurückgeht und dabei die Cursorposition um ein paar Pixel verrutscht. Der Effekt wird noch verstärkt, wenn man den Stift schräg hält - und man kann ihn nicht immer genau 90° zum Display führen.
Zur Genauigkeit kann ich sagen, dass eine Maus wesentlich präziser ist. Damit eine Berührung erkannt wird, muss der Gegenstand schonmal mindestens 2 mm breit sein - ein Zahnstocher funktioniert daher nur, wenn man die Spitze abschneidet. Die kleinstmögliche Treppe, die man damit malen kann, besteht aus ca. 5 Pixel langen Stufen, während man mit der Maus wirklich Pixel an Pixel setzen. Für präzises Arbeiten ist die Zoomfunktion daher unerlässlich (und da Multi-Touch unter WindowsXP nicht funktioniert, ist das schonmal ein Problem, da eine Hand weiterhin auf der Tastatur oder Maus liegen muss).
Die Geschwindigkeit empfinde ich als ausreichend, dürfte aber natürlich noch schneller sein. Bewegt man den Stift von A nach B (z.B. um ein Fenster zu verschieben), so hinkt der Cursor leicht nach, d.h. wenn man bereits wieder stillsteht, dauert es noch etwa 20 ms, bis der Cursor auch da angekommen ist.
Desweiteren gibt es in einigen Bereichen am Rand des Bildschirms Probleme; in manchen Regionen ist der Cursor leicht versetzt und an ein paar Stellen wird manchmal überhaupt keine Berührung erkannt. Mit dem Finger ist ein Klick in die Ecken übrigens ziemlich schwierig bzw. unmöglich, da das Display gute 4 mm unter dem Rahmen liegt und diesen bis an den Rand ausfüllt.
Weitere Auffälligkeiten
- Mit einer Maus kann man den Cursor bewegen und bei Bedarf klicken, der Touchscreen hingegen kennt nur Klicks. Es ist daher unmöglich, den Cursor irgendwo hin zu bewegen, ohne dort auch gleich zu klicken. Besonders problematisch ist das, weil viele Leute den Cursor als Lesehilfe verwenden, also den Text quasi damit abtasten, das funktioniert mit dem Touchscreen nicht. Davon ganz abgesehen ist meine Hand nicht durchsichtig - bei jedem Klick verdeckt man mit Hand und Arm den halben Bildschirm.
- Mit einer kleinen Mausbewegung kann man den Cursor von der einen in die andere Ecke des Bildschirms bewegen. Mit dem Touchpad funktioniert das nicht; da muss man die Hand tatsächlich so weit bewegen. Das ist auf Dauer recht anstrengend, genauso wie auch das Halten des Stiftes bzw. das Ausstrecken des Fingers an sich.
- Vielleicht hängt es damit zusammen, dass WindowsXP kein Multi-Touch erkennt; auf jeden Fall aber darf nichts ausser dem Stift das Bild berühren. Das ist normalerweise kein Problem, aber wenn das Gerät auf dem Schoss liegt und man darauf malen will, hängt schnell mal ein Ärmel runter oder man möchte den Arm auf dem Bildschirmrahmen abstützen. Beides führt leider dazu, dass der Cursor an die entsprechende Stelle verschwindet.
- Katzenhaare sind hier überall und eines davon hat sich mal an den Rand des Bildschirms verirrt, was dazu führte, dass die Maus 100x pro Sekunde auf der Stelle geklickt hat. Das war mit Pusten schnell behoben, zeigt aber deutlich, dass die Technik ihre Mängel aufweist. Sowas darf nicht passieren, wenn man gerade etwas Wichtiges bearbeitet (wofür ergo der Touchscreen überhaupt nicht geeignet ist).
Alltägliches
Wie setzt man den Touchscreen denn nun ein? Ich persönlich sitze an einem Pult mit ausziehbarer Tastatur und mein Bildschirm steht etwas erhöht vor mir. Allerdings so weit weg, dass ich ihn mit der Hand nicht berühren kann, ohne etwas nach vorne zu lehnen. Da bringt ein Touchscreen natürlich wenig. Stattdessen habe ich den Standfuss abgeschraubt, was mit 4 einfachen Schrauben schnell erledigt ist, und ihn wie einen TabletPC im Schneidersitz auf den Schoss genommen. Der Albatron OTM ist unten komplett flach und wird nicht sonderlich warm, so dass dies kein Problem darstellte, wenngleich das Gerät rund 5 kg schwer wiegt. Einziger Makel: Die drei Kabel (Strom, Video, USB) kommen unten raus und die Tasten befinden sich ebenfalls am unteren Rand, weswegen ich das Ding gerne um 180° drehen würde. Mit der Anzeige klappt das problemlos, nur leider wird die Touch-Eingabe dabei nicht mitgedreht. Drückt man dann auf "Start", klickt man tatsächlich in die gegenüberliegende Ecke. Ich hoffe, hier wird noch ein Treiber-Update folgen, denn das wäre wirklich praktisch. Vor allem auch, weil der Sichtwinkel von oben viel besser ist, als von unten (man geht natürlich davon aus, dass die Leute generell auf ihren Bildschirm runterschauen, was zumindest im Alltag auch gut zutrifft, auf dem Schoss verhält es sich aber genau umgekehrt).
Zum Schluss noch ein paar Eindrücke aus verschiedenen Programmen:
Solitaire - der Klassiker unter den Windows-Spielen. Funktioniert natürlich einwandfrei mit dem Stift, dann hab ichs mal mit dem Finger versucht. Wie auch beim Fenster ziehen ist das ein sehr spezielles Gefühl; man glaubt fast, die Karten tatsächlich berühren zu können. Nur hin und wieder erwischt man die Karte über der, die man eigentlich wollte.
ArtRage - dabei handelt es sich um ein Malprogramm und es ist die perfekte Anwendung für das Touchpad. Tatsächlich habe ich einen Pinsel genommen und damit auf den Bildschirm gemalt (und bei ArtRage natürlich auch den Pinsel ausgewählt), das ist wirklich ein spezielles Gefühl und macht richtig Laune, es ist intuitiver und bequemer als mit dem Zeichentablett. Als digitale Leinwand macht sich der Touchscreen ganz hervorragend, hier ein fetter Pluspunkt von meiner Seite.
Internet - Tolle Sache. Auch hier ist es sehr intuitiv, die Links direkt in ein neues Tab zu ziehen oder hoch und runter zu scrollen (ein Scrollrad fehlt aber trotzdem irgendwie). Kleine Probleme gibts nur, wenn man etwas präzise markieren soll (z.B. Teile eines Links) und Kopieren/Einfügen per Touchpad kann man wegen fehlendem Rechtsklick nur übers Menü bzw. mit der Tastatur.
Google Earth - Dreh die Welt mit dem Finger, muss ich noch mehr dazu sagen?
Games - keine Chance. Wenn schon Touchscreen, dann ohne Tastatur und die Spiele, die ich habe, sind dafür nicht geeignet. Und wenn doch, dann fehlt immer noch der Rechtsklick. Unterm Strich bleiben also nur die ganzen Internet-Games, die man nur mit der Maus bedienen kann.
Fazit
Ich kann leider nicht einschätzen, wie es sich mit herkömmlichen Touchscreens verhält, aber zumindest die optische Technologie weist doch noch einige Mängel auf. Die Maus kann man nicht ersetzen, das steht völlig ausser Frage, aber bei Bedarf einfach mal auf den Bildschirm drücken zu können ist doch eine nette Ergänzung.
Der tatsächliche Anwendungsbereich ist schwer auszumachen, bei mir wird es wohl hauptsächlich "grobes Malen" sein, denn für die Feinarbeit ist der Touchscreen nicht empfindlich genug. Oder anders ausgedrückt: Die Software, die ich verwende, ist nicht auf Touchscreens ausgerichtet. Das eine oder andere mag damit zusammenhängen, dass WindowsXP die Technologie nur dürftig unterstützt. Ich werde bei Gelegenheit ein Windows 7 versuchen und ggf. ein zweites Fazit anfügen.
Alles in allem lohnt es sich nicht, extra Geld für einen Touchscreen auszugeben. Wer einen Monitor kauft, soll dies weiterhin nach den üblichen Kriterien (Auflösung, Helligkeit, Blickwinkel, Gehäuse, etc.) entscheiden und die Touch-Funktion nur marginal berücksichtigen. So gesehen ist der Albatron OTM nur ein gewöhnlicher, aber teurer 21,5-Zoller (für den halben Preis erhält man ein vergleichbares Gerät ohne Touch-Funktion).
Ich danke fürs Mitlesen und sage Tschüss bis zum nächsten Testbericht!
Yhoko